Stellungnahme der Senioren Union Wittenberg
Natürlich besorgt uns die Diskussion in Medien und Politik über eine Beteiligung älterer Personen am Unfallgeschehen im Straßenverkehr. Nur – der Rundumschlag der Europäischen Union und von Teilen der derzeitigen Bundesregierung scheint uns nicht angebracht. Ohne detailliertere Untersuchung wird nur auf Grund der Tatsache einer höheren Unfallzahl in der Europäischen Union eine Regelung vorgeschlagen, die so sicher nicht ihr Ziel erreicht und letztendlich in der Bevölkerungsgruppe der Älteren, die bisher am positivsten zur EU stand, eine EU-Skepsis provoziert. Es wird eine unnötige Verunsicherung verstärkt, die schon mit anderen Themen, wie Heizung, Gesundheitsversorgung und Pflege herausgefordert wurde.
Der Vorschlag einer nur noch fünfjährigen Gültigkeit der Führerscheine für über 70-Jährige soll verbunden werden mit einem medizinischen Nachweis der Fahrtüchtigkeit. Dagegen erheben wir Bedenken.
Gerade in einer Zeit in der eine galoppierende Inflation, die die Lebensersparnisse der älteren Generation auffrisst und die Rentensteigerung längst nicht mehr mit der Geldentwertung Schritt hält, kommen so neue Zwangsausgaben auf unsere älteren Mitmenschen zu. Eine kostenpflichtige Fahrtüchtigkeitsuntersuchung einhergehend mit einer natürlich auch wieder mit Zusatzkosten verbundenen kürzeren Gültigkeit der Fahrerlaubnis stellt für viele Ältere mit geringen Renten einen Ausschluss vom Straßenverkehr und damit eine soziale Ausgrenzung dar. Unter diesem Aspekt wird auch noch einmal ein Unterschied zwischen städtischen und ländlichen Gebieten deutlich. Während in Großstädten um einen 5-Minuten-Takt für öffentliche Verkehrsmittel gestritten wird, fahren in den Dörfern meiner Heimat nur „zwei“ Schulbuspaare am Tag, die dann natürlich in der Ferienzeit nicht verkehren. Der Rest soll über ein Rufbussystem abgedeckt werden, dass jedoch gerade für Ältere in seinen Abläufen nur schlecht handhabbar ist.
Einkäufe, Arztbesuche, kulturelle Veranstaltungen sind so nicht mehr bzw. nur mit einem teuren Taxi zu organisieren. So haben sich die kostenfrei durch Brüssel und Straßburg chauffierten Abgeordneten etwas ausgedacht, was sicherlich für urbane Gebiete schön, aber auf dem Lande eine Katastrophe für die ältere Generation ist.
Grundsätzlich fordern wir:
- Dass eine Untersuchung des Unfallgeschehens bei Älteren stärker regionalisiert erfolgen muss, dabei sind Unterschiede zwischen Stadt und Land und den Ländern der EU zu berücksichtigen;
- Dass stärker darauf zu achten ist, ob die älteren Beteiligten Führer von welchen Fahrzeugen oder gar Fußgänger waren und
- ob tatsächlich körperliche Einschränkungen zu welcher Schadenshöhe geführt haben. Ein Parkrempler eines 70-Jährigen ist wohl kaum vergleichbar mit einem Geschwindigkeitsverstoß eines 19-Jährigen mit 200 km/h auf der Autobahn. Trotzdem taucht beides als Unfall im Straßenverkehr in der Statistik auf.
Auch das Alles- oder Nichts-Prinzip bei den Führerscheinen halten wir als nicht mehr zeitgemäß. Das Fahren im großstädtischen Straßenverkehr ist sicherlich eine andere Herausforderung als die gewohnte Fahrt zum nächsten Arzt in der Kleinstadt der Umgebung. Schon heute bewegen sich viele Ältere mit ihrem Fahrzeug nur in der bekannten und gewohnten Umgebung. Weswegen sollte man das nicht zum Prinzip machen?
Dass bei einer Abgabe des Führerscheins auch ein Führen von Kabinen-Kleinfahrzeugen nicht mehr möglich ist, empfinden wir als falsch. Gerade die Elektromobilität könnte hier neue Ansätze schaffen. Aber auch Verkehrsteilnehmerschulungen und Fahrtrainings, die auf die Probleme Älterer ausgerichtet sind, wie Medikamentenverträglichkeit oder Fahrassistenzsysteme sind sicher besser als Verbote.
Wir fordern unsere CDU auf, vor restriktiven Maßnahmen eine breite Debatte insbesondere auch im ländlichen Raum zu führen. Unsere Seniorenunion ist gern bereit ihre Erfahrungen einzubringen.