Kreistagsmitglied Sepp Müller (CDU) würde am liebsten Arbeitslose sofort zum Ernte-Einsatz schicken. „Ich finde es nur schwer zu ertragen, wenn junge Männer in meinem Alter zum Jobcenter rennen, statt die Luther-Tomaten zu pflücken“, sagt er beim Wirtschaftsstammtisch. Das ist vor allem eine Kritik an 374 arbeitsfähigen jungen Herren unter 25 Jahren, die arbeitslos - ohne Job sind 7.000 im Kreis - gemeldet sind. Es gibt aber mindestens 898 freie Stellen. Die Dunkelziffer dürfte deutlich größer sein, da nicht alle Unternehmen ihre freien Stellen melden. Es gebe Firmen, so Müller, die würden sofort 50 neue Mitarbeiter einstellen. Der Politiker hat eine neue Debatte um die so genannte soziale Hängematte ausgelöst und positive Reaktionen erhalten. Und zwar von jenen, die täglich arbeiten und erstunden leisten - auch um personelle Lücken zu schließen.
In der Anonymität der sozialen Medien sieht die Welt aber ganz anders aus. „In den Kommentaren werden die Unternehmer als Ausbeuter beschimpft“, sagt Müller und findet das absurd. Allerdings sagt er deutlich: „Arbeit muss sich aber auch lohnen.“Das sieht der Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) keinen Deut anders. „Wer arbeitet, muss davon leben können, und nicht noch zusätzlich auf Hilfe vom Jobcenter angewiesen sein“, so der Verwaltungschef. Auch deshalb müsse der Abstand zwischen Arbeit und Hartz IV größer werden. Müller dagegen schlägt vor, die Hilfe nach zwei Jahren zu beenden.
Verdienstmöglichkeiten, so Marion Tuchel, seien schon „eine Motivation“. Aber in den seltensten Fällen scheitert eine Arbeitsaufnahme an Lohnfragen, betont die Sprecherin der Arbeitsagentur. Es gibt noch mehr Kriterien. Das erfährt die MZ aus jenem Unternehmen, das Müller jungen Männern so ans Herz legt.
Tomaten pflücken sei ein harter Job, heißt es da. Der Projektmanager lädt Müller zu einem Ernteeinsatz ein. „Den jungen Mann können wir einkleiden“, sagt Helmut Rehhahn. „Wir brauchen sehr flexible Mitarbeiter“, es gehe um ein Naturprodukt.